Verlorene Kaninchen wieder gefunden

Robert Luginbühl, Autor dieser aussergewöhnlichen Geschichte
Robert Luginbühl, Autor dieser aussergewöhnlichen Geschichte

Was so alles in der Kaninchenzucht passieren kann. Eine kuriose Geschichte aus dem Jahr 1968.
Ich war gerade zwei Jahr Rassekaninchenzüchter von Champagnesilber (CHS) im OV Spiez. In einem ehemaligen Kuhstall von 36 m2 hatte ich mir acht Einheiten zu zwei Abteilen selber geschreinert, damals aus Rot- und Weisstanne mit 60 mm Eternit Schubladen. Fläche 70 X 65 cm. Immer zwei Abteile nebeneinander, mit Durchlass und Schieber. Es brauchte Roste, mit Zwischenräumen von 14 mm, die in eine Falzliste eingelegt werden konnten. Um beim Ausmisten wieder trockene Roste einlegen zu können, hatte ich 32 Roste erstellt. Vorne in den Abteilen war ein ganzes Brett von 30 cm Breite als Anfang angebracht worden.

Im April 1968 hatte ich das Glück, dass vier Zibben am gleichen Tag ihre Jungen warfen. Zwei hatten je 7 und zwei je 9 Junge. Bei den einen habe ich je ein Junges einer andern unter geschoben, natürlich mit Filzstift gezeichnet, und leicht parfümiert, denn Häsinnen riechen solches meistens sofort, was Folgen haben kann.
Wie es sich gehört, wurde alle Tage eine Nestkontrolle gemacht. Am sechsten Tag hatte eine Zibbe nur noch sechs Säuglinge im Nest, auch nach zweimaligem Suchen war das so. Hat die Zibbe die Kleinen verspeist? Aber ich konnte kein Blut oder Ueberreste feststellen. So etwas kam mir vor wie eine rätselhafte Erscheinung. Am nächsten Morgen wurden wieder junge Kaninchen gesucht und gezählt, das ganze Abteil durchgekämmt, wieder habe ich nichts gefunden. Zwei Säuglinge waren einfach nicht mehr da. Am achten Tag hatte ich Zeit zum Misten. Als ich beim Fach nebenan die Schublade herauszog, war noch alles bestens. Als ich dann die Nestschublade herauszog, sah ich bei halber Distanz die verlorenen zwei Säuglinge unterhalb des Rosts, lebend und mit Bäuchlein, das heisst die Jungen wurden durch die Rost-Zwischenräume gesäugt. Doch wie ist so etwas nur möglich? Die dritte Rostliste hatte einen Flügelast (Durchgehender Ast). Die CHS-Zibbe mit ihrem Gewicht von ca. 5.5 Kg. muss beim Hinüberspringen die schwächste Liste erwischt und beschädigt haben. So entstand eine ca. 4 cm. grosse Lücke. Ein grosses Glück, dass die Häsin dies bemerkte. So hatte die Zibbe die Möglichkeit, ihr Gesäuge den kleinen Chüngeli anzubieten, und sie wurden tatsächlich gesäugt. Dies war sicher von oben und von unten eine Meisterleistung. Sicher aber nicht von mir. In der Schublade war Torfmull, um den Urin aufzusaugen. Sofort habe ich ein Sperrholz unter dem Nest eingeschoben, um eine zweite Schlappe zu verhindern.
Ich habe mich geschämt, und sagte mir, das darf nie jemand erfahren. Wenn es ein Geheimnis sein soll, darf es nur eine Person wissen, ist doch klar, es wäre ja sonst keines mehr. Ich war sehr erleichtert, alle 32 Jungtiere wieder im Stall zu wissen.
Nach etwa 10 Wochen kam Hansueli Probst, um zu tätowieren. Sein Frage: „Wieso haben zwei Junge einen schwarzen Fleck im Ohr?“ Da war es passiert, mein Geheimnis musste ich dem Obmann preisgeben. Seine Antwort: „So etwas kann passieren, alle haben Glück gehabt.“
In der nächsten Ausstellungssaison ergab sich von dieser Zibbe eine Kollektion, (2.4) mit den 95.1 Punkten Durchschnitt. Damals ein Grosserfolg.
Seither sind sehr viele Jahre vergangen, doch so ein „ Malör“ ist mir nicht mehr passiert. Seit vielen Jahren habe ich Polyesterschubladen in den Abteilen.
Das war meine Erfahrung in der Rasse Kaninchenzucht.
Die ersten Kaninchen bekam ich im Jahr 1953, Rasse Chinchilla, von einem Züchter aus Spiez, eine Zibbe und ein Rammler zu 4.25 Fr. pro Tier 8 Wochen alt.

Robert Luginbühl