Standardrevision 2015 – Risiko oder Chance?

Die Revision des Kaninchen-Standards von 2003, deren Ziel es ist, im März 2015 einen neuen Standard in Kraft zu setzen, hat einigen Widerstand hervorgerufen, auch in unserem Klub. Trotz jahrelanger, immenser Arbeit der Verantwortlichen konnten offenbar nicht alle Züchter und Klubs vom bisher präsentieren Resultat überzeugt werden.

Worum geht es genau?
Dass Veränderungen Widerstände auslösen, ist eine natürliche Reaktion. Bei der „Standardrevsion 2015“ handelt es sich um eine umfassende Überarbeitung in einem sehr komplexen Umfeld, wo viele interne und externe Interessen zu berücksichtigen sind. Entsprechend wurden die Vorschläge mit gemischten Gefühlen aufgenommen; Reaktionen, die ernst genommen werden sollen. Die Hintergründe der Ablehnung wiederspiegeln auch die Unsicherheit vieler Betroffener: Einerseits sind es die neuen Vorschriften und Realitäten in Sachen Gesundheit, Raumplanung und Extremtierschutz, mit denen die Kaninchenzüchter in den letzten Jahren konfrontiert wurden und diesem und jenem die Kleintierhaltung verleidig machten. Wenn sich dazu die betroffenen Rasseklubs, die sich seit jeher dem Erhalt und der Weiterentwicklung ihrer Rasse verpflichtet sahen, bei der Standardrevision übergangen fühlen, dann ist Frust unvermeidbar. Auf der anderen Seite erwartet jeder Aussteller, dass seine Tiere kompetent und fair bewertet werden. Angesichts der ständig wachsenden Zahl von neuen Rassen und Farbenschlägen ist es aber eine immer schwieriger werdende Aufgabe für die Experten, insbesondere für die neuen, den Durchblick zu bewahren. Dass eine Vereinfachung und Vergleichbarkeit der Bewertungen gewünscht wird, ist daher nachvollziehbar.

Aktion und Reaktion
Ich glaube beide Seiten, Rasseklubs und Fachtechnische Kommission, haben gute Argumente für ihre Positionen. Es wurde aber sehr viel in sehr kurzer Zeit zugemutet, was die bisher übliche Kommunikation da und dort überforderte. Nach dem Gesetz „Aktion führt zu Reaktion“ wäre es wichtig, wenn wir bei Veränderungen die positive Schiene fahren würden, zum Beispiel:

 Positive Aktionen
Evolution (Schritt für Schritt) Überzeugungsarbeit/Aufklärung
Grosse Linie sehen/ Qualität fördern Anerkennung, das Positive sehenEinbezug/Miteinander

Positive Reaktionen
Entwicklung, die alle mitmachen
Gesunder Menschenverstand/Loyalität
Hoher Zuchststand bewahren
Identifikation, Motivation, Selbstverständnis, Treue
Vertrauen, Partnerschaft, Positive Zielerreichung

Interessen und Standpunkte
Indem wir bereit sind, die Gesamt-Interessen höher zu gewichten als die eigenen Standpunkte, versachlichen wir die Diskussion und richten unseren Blick in die Zukunft. Die Interessen unseres Klubs liegen in einem einvernehmlichen Verständnis zu:

  • Typ/Zuchtziel;
  • Mehr Freude und Treue zum Hobby durch Identifikation und Züchterstolz;
  • Würdigung jahrzehntelanger Aufbauarbeit;
  • Anerkennung und Berücksichtigung des Fakts, dass es verschiedene Entwicklungsstufen der einzelnen Rassen gibt;
  • Experten in einer anerkannten, positiven Rolle;
  • Fachliche Auseinandersetzung in gegenseitiger Wertschätzung.

Bessere Kommunikation – besseres Miteinander
Positive Kommunikation ist keine Einbahnstrasse, sie verlangt Gesprächs- und Kompromissbereitschaft von allen Beteiligten:

  • Miteinander auf Augenhöhe;
  • Klubinterne Fachtechnische Kommissionen, die verbindlich mit der „Haupt-FT-K“ kommunizieren, zur Stärkung der Klubs und zur Verbesserung der internen Kommunikation;
  • Experten z.B. als „Götte‘s bzw. Gotta‘s“ für für die einzelnen Rassen;
  • Experte als Coach/Berater der Züchter statt Polizist oder Sündenbock;
  • im Dialog zur Weiterentwicklung der Rassen.

Fazit
Die Mitglieder sind sensibilisiert. Alle wissen inzwischen, dass es um mehr geht, als um Positionen und Punkte: Die Kaninchenzucht allgemein und die Rasseklubs im Besonderen haben es immer schwerer, ihre Identität zu behaupten – nie mehr als jetzt sollten wir unsere Energie dazu verwenden, die Zukunft gemeinsam anzugehen, statt im Schmollwinkel der Vergangenheit zu verharren. Der Schweizer Englischschecken Klub muss zwar mit dem neuen Standard, entgegen grossmehrheitlich anderer Meinung, eine Punkteveränderung in den Positionen Kopf- und Rumpfzeichnung verkraften. Er hat aber andererseits durch die sachliche Auseinandersetzung mit der Fachtechnischen Kommission und mit seinem zukunftsgerichteten Projekt „ESch-2016“, das alle Mitglieder und Themen einbezog, so viel positive Energien generiert, dass er als Interessengemeinschaft heute gestärkt da steht. Das Leben ist ein ständiges Anpassen, was gestern war, ist morgen oft schon überholt – wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit! Vielleicht wäre es für die Zukunft eine Chance, ein positives Zeichen für alle Enttäuschten, wenn Rassekaninchen Schweiz beschliessen würde, dass künftig die POK nur noch Veränderungen in den Positionen des Standards genehmigt, welche von den jeweils betroffenen Rasseklubs und der Fachtechnische Kommission gemeinsam vorgeschlagen werden.
Benno Büchel

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